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Trumps Tech-Dinner, Europas Abhängigkeit

Ein Abendessen im Weißen Haus, ein Reigen der Dankesworte: Top-Manager von Apple, Meta, Microsoft, Google und OpenAI lobten US-Präsident Donald Trump und kündigten gigantische US-Investitionen an. Elon Musk fehlte – die Botschaft des Abends nicht: Nähe zwischen Politik und Big Tech. Für Europa stellt sich die Frage, was technologische Abhängigkeit künftig politisch bedeutet. Wer US-Tech einkauft, kauft auch amerikanische Prioritäten ein.

Sebastian Büttner

Ein Abend, viele Signale

Beim Dinner im Weißen Haus saßen Mark Zuckerberg, Tim Cook, Bill Gates, Satya Nadella, Sundar Pichai und Sam Altman an Trumps Tafel – live übertragene Bilder inklusive. Elon Musk war, trotz Einladung, nicht dabei. Altman dankte Trump als „pro-business, pro-innovation“ Präsidenten; Cook und Zuckerberg nannten Investitionssummen von je 600 Milliarden US-Dollar für Standorte in den USA – ohne detaillierte Aufschlüsselung. Die Szene wirkte wie ein Schulterschluss von Regierung und Digitalkonzernen in einer Frage: Infrastruktur für die nächste KI-Welle soll vor allem in Amerika entstehen. Trumps Hinweis auf mögliche Zölle – verbunden mit Ausnahmen für heimische Produktion – unterstrich den industriepolitischen Unterton des Abends. Kurz: Der politische Rückenwind für US-Tech ist derzeit kräftig wie selten. 

Abhängigkeit hat eine Adresse

Was heißt das für Europa? Wer kritische Systeme – Cloud, KI-Modelle, Rechenzentren, Software-Stacks – aus den USA bezieht, unterliegt US-Recht und damit auch der strategischen Agenda Washingtons. Der CLOUD Act erlaubt US-Behörden den Zugriff auf Daten bei US-Anbietern – auch dann, wenn diese außerhalb der USA liegen, wenngleich mit völkerrechtlichen Leitplanken. Das jüngst bestätigte EU-US Data Privacy Framework schafft Rechtssicherheit für transatlantische Transfers, ändert aber nichts daran, dass die Hoheit über Produkte, Roadmaps und Compliance-Pflichten in den USA liegt – und damit politisch veränderbar ist. Der Abend im Weißen Haus zeigte zudem, wie investitions- und tarifpolitische Hebel genutzt werden, um Produktions- und Infrastrukturentscheidungen zu lenken. Kurz: Wer sich auf US-Tech verlässt, macht sich politisch beeinflussbar – nicht willkürlich „kontrolliert“, aber abhängig von Entscheidungen, die Europa weder auslösen noch stoppen kann. Europas Regulierung (DMA, NIS2) adressiert Marktmacht und Sicherheit, ersetzt aber keine eigene industrielle Basis. 

Europas Ausweg

Die Alternative ist kein Rückzug, sondern ein souveräner Pfad: Interoperabilität als Pflicht im Einkauf, EU-Hosting für sensible Workloads, offene Standards und der gezielte Aufbau europäischer Kapazitäten. Europa hat erste Pfeiler gesetzt – z.B. mit KI-Anbietern wie Mistral AI und Aleph Alpha –, doch Umfang und Tempo müssen steigen. Öffentliche Beschaffung sollte „Souveränitäts-Kriterien“ verankern (Portabilität, Reversibilität, Auditierbarkeit), während Industrie-Konsortien Rechenzentren, Basis-Modelle und Tooling gemeinsam finanzieren. So entsteht Wahlfreiheit: US-Angebote dort, wo sinnvoll; europäische Alternativen dort, wo strategisch nötig. Das Dinner in Washington war ein Weckruf. Souverän ist, wer Optionen hat – nicht, wer hofft. 


Über den Autor:

 

Der Autor ist Co-Gründer von Quantum Beyond, einem europäischen Beschleunigungsprogramm für die Digitalisierung von Unternehmen. Unter dem Label Quantum Beyond Infinity liegt der Fokus auf AI-driven Organization Design, datengetriebenen Strategien und der intelligenten Mensch-Maschine-Kollaboration, um Unternehmen zukunftsfähig und wettbewerbsstark für das KI-Zeitalter aufzustellen.